UNIVERSITÄT OSNABRÜCK

Institut für Kognitionswissenschaft / Kognitionsbiologie

Dorothee Möllmann

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DATEN & FAKTEN

Projekt
Turn-taking (2019-2025)

Leitung
Prof. Dr. Simone Pika

EU-Förderlinie
Horizont 2020, ERC CoG

Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Arno Kwade

Projektname: „Li-Ion Pilot Lines Network“ (LiPLANET)

Keywords: Energie, Mobilität, Partner

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Turn-taking – Das kommunikative Wechselspiel

Osnabrücker Wissenschaftlerin erforscht den „missing link“ der Sprachentwicklung

Kooperative Kommunikation gibt es nur beim Menschen? Diese Ansicht fordert Prof. Dr. Simone Pika, Kognitionsbiologin, in ihrem ERC Consolidator-Grant-Projekt „Taking turns – The ‚missing‘ link in language evolution?“ heraus.

Hierbei betrachten Pika und ihr sechsköpfiges Team das System des „turn-taking“, des kommunikativen Wechselspiels. Diese kooperative und interaktive Struktur liegt auch unserer Sprache zugrunde und äußert sich im schnellen und wechselseitigen Austausch von Informationsimpulsen zwischen den Beteiligten. 

Welche Eltern kennen das nicht: Das Baby sitzt auf dem Boden und möchte hochgenommen werden. Dazu streckt es beide Händchen aus und zeigt der Mutter oder dem Vater so seine Absicht. Diese reagieren unvermittelt und ohne darüber nachzudenken auf die Handbewegung des Kleinen, bewegen sich auf das Kind zu und nehmen es hoch: eine klassische turn-taking Situation beim Menschen. Lange bevor menschliche Kinder gesprochene Sprache verwenden, sind sie schon in der Lage, im Rahmen von Vokalisationen und Gesten mit ihren Eltern in ein kommunikatives Wechselspiel einzutreten und sich so mit ihrem Umfeld in auszutauschen. 

Fähigkeiten zum kooperativen turn-taking gehen gestischen und sprachlichen Kompetenzen voraus und spielen, so wird es angenommen, eine Schlüsselrolle bei der Sprachentwicklung.  Sich die Sprache von Kindern anzuschauen bedeutet also, einen Einblick in die evolutionäre Sprachentwicklung zu erhalten. Doch welche Wege hat das turn-taking genommen? Hat es sich an artspezifischen sozialen Erfordernissen entlang entwickelt? 

Lange Zeit wurde angenommen, dass das turn-taking nur dem Menschen vorbehalten ist: Bei diesem bestand im Zuge des evolutionären Anpassungsprozesses die Notwendigkeit zu kooperativer Kommunikation, die ihn zu einer der erfolgreichsten Spezies der Erde gemacht hat. Neuere Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass auch andere Primatenarten turn-taking praktizieren. Diese Beobachtungen werfen Fragen auf: Bedeutet dies, dass es kooperative Kommunikation nicht nur beim Menschen gibt? Stellt das turn-taking-System das evolutionäre Bindeglied zwischen menschlicher und tierischer Kommunikation dar? Könnten sich hier Lösungen für das Rätsel um die Entstehung von Sprache finden? 

Trotz der eindeutig hohen Bedeutung dieser Thematik kann die Wissenschaft hier bislang keine fundierten Antworten liefern: Die meisten Studien in diesem Bereich waren nicht speziesvergleichend angelegt und nur auf bestimmte Bereiche des turn-taking, wie z.B. das Vokalisieren, reduziert. 

Das „Taking turns“-Projekt, finanziert durch den prestigeträchtigen und hochkompetitiven ERC Consolidator Grant, zielt mit seinem innovativen Forschungsdesign darauf ab, diese Wissenslücke zu schließen. In noch nie dagewesener Weise untersucht „Taking turns“ das kommunikative Wechselspiel bei Kindern und vier anderen Primatenarten, indem es verschiedene experimentelle und Beobachtungsstudien mittels etablierter Methoden aus der Konversationsanalyse und der Primatologie verknüpft. Ebenfalls neu an dieser Forschung ist die Anwendung auf unterschiedliche Versuchsgruppen: Menschenkinder, die nah verwandten Schimpansen und Bonobos, sowie die weiter entfernt verwandten Mangaben und Krallenaffen. Die Forschung wird an wilden und in Gefangenschaft lebenden Affen in Afrika (Gabun, Uganda, Demokratische Republik Kongo, Côte d‘Ivoire), Südamerika (Brasilien) und Amerika durchgeführt, die Forschung mit Menschenkindern in Deutschland.

Alleinstellungsmerkmal des Menschen oder der „missing link“ der Sprachentwicklung: Pikas Untersuchungen des turn-taking Systems werden zeigen, ob das kommunikative Wechselspiel dem Menschen vorbehalten ist oder ob es sich in der Primatenlinie gemeinsam oder unabhängig voneinander entwickelt hat. 

 © Prof. Dr. Simone Pika

Autor*in:

Prof. Dr. Simone Pika, Hannah Niedenführ

Erstellungsdatum:
19.07.2022

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